Bei Kon­su­men­ten gibt es einen Trend zur Nach­hal­tig­keit. Gilt das auch für Invest­ments?

Harald Zen­ke: Sehr stark sogar, denn es gibt auch Druck von den soge­nann­ten Pro­sumers. Ein
schö­nes Schlag­wort: Frü­her nann­te man sie „Pro­fes­sio­nal Con­su­mers“. Die Bun­des­netz­agen­tur
bezeich­net mit die­sem Begriff eine Grup­pe, die pro­du­ziert und kon­su­miert, gera­de im Bereich
Erneu­er­ba­re Ener­gien. Und die­se Grup­pe legt mehr Wert auf ihre eige­nen Pro­duk­ti­ons­ket­ten, als
Pro­du­zen­ten und als Inves­to­ren.

Letzt­end­lich gibt es vie­le Ratings, die sich mit Umwelt und Nach­hal­tig­keit beschäf­ti­gen. Stif­tun­gen
und Kir­chen haben zum Bei­spiel das Oecom-Sie­gel als Inves­ti­ti­ons­kri­te­ri­um auf­ge­nom­men. Ohne das
Sie­gel erhal­ten Pro­jek­te von die­sen Inves­to­ren­grup­pen kei­ne Finan­zie­rung.

Es gab vor Jah­ren von der Ber­tels­mann-Stif­tung eine Erhe­bung der Uni Stutt­gart: Sie erforsch­ten, ob
und war­um nach­hal­ti­ge Invest­ments erfolg­rei­cher sind. Man kam sta­tis­tisch zu dem Ergeb­nis: Ja, sie
sind erfolg­rei­cher, sie brin­gen eine höhe­re Ren­di­te. Nicht weil sie öko­lo­gisch sind, son­dern weil sich
Inves­to­ren und Unter­neh­mer mehr und lang­fris­ti­ger mit Pro­zes­sen aus­ein­an­der­set­zen: Sie den­ken
über den Ein­fluss auf die Umwelt, auf sich selbst und die nächs­ten Genera­tio­nen nach. Des­we­gen
keh­ren auch immer mehr Inves­to­ren dem Öl den Rücken.

Das heißt, wenn man heu­te eine Fern­seh­se­rie wie Dal­las dre­hen wür­de, müss­te man sie nicht mehr
im Ölbusi­ness dre­hen, son­dern mit Wind- und Was­ser­kraft­wer­ken?

Es wäre eine Ver­net­zung zwi­schen Erneu­er­ba­ren Ener­gien und Digi­ta­li­sie­rung. Das Öl der Zukunft
sind Infor­ma­tio­nen und Net­ze. Die Gesell­schaft ver­än­dert sich gera­de. Es gibt die­sen Begriff der
„Shared Eco­no­my“: Wir fan­gen an, viel mehr zu tei­len, und dadurch wer­den wir wie­der eine
Gesell­schaft, die klein­tei­li­ger und regio­na­ler denkt.

Es gibt aber auch Leu­te, die Shared Eco­no­my ableh­nen, weil sie das Gefühl haben, man nimmt
ihnen etwas weg.

Die­sen Men­schen geht es um die Selbst­be­stim­mung der Eigen­pro­duk­ti­on. Die Pro­sumers möch­ten
aut­ark wer­den, wie­der ihr eige­nes Gemü­se pflan­zen, Solar-Panels aufs Dach holen. Das ist kein Trend
gegen Shared Eco­no­my, son­dern eher ein Trend, regio­na­le Net­ze zu bil­den. Von daher beein­flus­sen
sich Pro­duk­ti­on und Inves­ti­ti­on sehr stark.

Die Digi­ta­li­sie­rung führt dazu, dass unser Ener­gie-Kon­sum nicht sinkt. Im Gegen­teil: Die E‑Mobilität
zum Bei­spiel ist gera­de in aller Mun­de. Im pri­va­ten Bereich wird sie in den nächs­ten Jah­ren sehr stark
zuneh­men. Für einen durch­schnitt­li­chen Ange­stell­ten, der 30 Kilo­me­ter zurück­legt, ren­tiert sich das.
Doch für die Logis­tik­bran­che und ande­re Gewer­be­be­trie­be kann es zum ech­ten Pro­blem wer­den,
wenn Frank­furt, Mün­chen und ande­re Städ­te Die­sel-Fahr­ver­bo­te aus­spre­chen: Wie kommt man
dann noch in die Stadt? Dort kann man nicht auf E‑Mobilität umschwen­ken, denn sie bie­tet nicht die
not­wen­di­ge Reich­wei­te. Man müss­te dann eigent­lich auf Was­ser­stoff umschwen­ken.

Zur Her­stel­lung von Was­ser­stoff benö­tigt man Elek­tro­ly­se. Da sind wir wie­der bei den Über­schüs­sen
von Wind‑, Son­nen- und Was­ser­en­er­gie, die ich über Was­ser­stoff umwan­deln kann, um einen Ersatz
für Die­sel zu haben, aber auch um ein Spei­cher­me­di­um zu bekom­men. Somit wird es auch wie­der für
Inves­to­ren span­nend, die sich für ener­gie­ef­fi­zi­en­te The­men inter­es­sie­ren, die die Wirt­schaft
nach­hal­tig ver­än­dern wer­den.

Bei Inves­tio­nen in nach­hal­ti­ge Ener­gie­kon­zep­te den­ken vie­le Men­schen vor allem an Solar- und
Wind­ener­gie. Was­ser­kraft scheint noch eine Nische zu sein.

Ich stim­me dem zu. Aber ich muss etwas zu beden­ken geben: Die Was­ser­kraft ist eins der ältes­ten
Ener­gie­kon­zep­te, die wir ken­nen. Wenn Sie an Was­ser­kraft den­ken, dann den­ken Sie an ein sich
bewe­gen­des Was­ser­rad an einem Bach im Schwarz­wald. Die ers­te klas­si­sche Ener­gie­um­wand­lung,
die es gab, war Was­ser­kraft in Bewe­gung für Was­ser­müh­len. Schon seit Jahr­hun­der­ten nutzt man
Was­ser­kraft in den ver­schie­dens­ten For­men. Gera­de weil sie so selbst­ver­ständ­lich gewor­den ist, wird
sie nicht so gehypt wie Solar- oder Wind­ener­gie.

Die Tech­nik ist also seit Jahr­hun­der­ten bewährt und wur­de in die­ser Zeit stän­dig opti­miert. Wenn
man sol­che Tech­no­lo­gie kauft, kann man davon aus­ge­hen, dass sie min­des­ten 50 Jah­re läuft. Bei
Wind­kraft zum Bei­spiel hat man ganz ande­re War­tungs-Inter­val­le. Was­ser­kraft hat den höchs­ten
Effi­zi­enz-Grad.

Dar­über hin­aus merkt man, wie emo­tio­nal das The­ma Was­ser­kraft ist, wenn man es Inves­to­ren bei
Gesprä­chen wie­der ins Bewusst­sein bringt. Wer in einen Wind­park inves­tiert, will die Ren­di­te, aber
den Wind­park nicht vor dem Haus haben. Wer in einen groß­flä­chi­gen Solar­park inves­tiert, hört schon
das lau­te Sum­men der Trans­for­ma­to­ren. Inves­to­ren möch­ten in sol­chen Fäl­len nur auf dem Papier
unter­schrei­ben. Ein Lauf­was­ser­kraft­werk aber steht für Bäche, für Natur: Das möch­te ich mir ger­ne
anschau­en.

Wor­an erkennt man ein gutes Invest­ment in Was­ser­kraft?

Man muss sich natür­lich immer die Pro­jekt­be­tei­lig­ten anschau­en. Einem Erst­in­ves­tor wür­de ich
zudem immer raten, in ein soge­nann­tes Brown­field, also in ein schon ange­schlos­se­nes Kraft­werk, zu
inves­tie­ren. Dort gibt es kein Bau­ri­si­ko. Wenn ich mich dann schon ein wenig mit dem The­ma
ange­freun­det habe, kann ich auch schon wäh­rend der Bau­pha­se ins Invest­ment ein­stei­gen, um eine
noch höhe­re Ren­di­te zu erzie­len. Denn ein bestehen­des Was­ser­kraft­werk hat­te ja schon Vor­be­sit­zer,
wäh­rend ein Green­field die Mög­lich­keit bie­tet, die Ers­t­ren­di­te noch mit­zu­neh­men.

Sie sind jetzt im Bei­rat von Ali­quan­tum. Was hat Sie dazu bewo­gen?

Seit gefühlt 30 Jah­ren bewe­ge ich mich in dem Bereich Erneu­er­ba­re Ener­gie. Ali­quan­tum hat mich
wie­der an die klas­si­sche Ener­gie­kom­po­nen­te Was­ser her­an­ge­führt.

Zudem fin­de ich die Regi­on span­nend: Ser­bi­en und Bos­ni­en haben, was das Risi­ko­pro­fil angeht,
gewis­se Vor­tei­le. Ein Betrei­ber eines Was­ser­kraft­werks zum Bei­spiel in der Schweiz, wo ein gro­ßer
Zulauf aus dem Glet­scher kommt, wird irgend­wann ein Pro­blem bekom­men, wenn der Glet­scher
geschmol­zen ist. In Ser­bi­en und Bos­ni­en benö­tigt man dage­gen kein Glet­scher­was­ser oder sich
abbau­en­de Reser­voi­re. Anders als in ande­ren Län­dern gibt es dort aus­rei­chen­de Regen­men­gen. Auch
von der Geo­dä­sie her, also der Beschaf­fen­heit der Erd­ober­flä­che, dem Steil­heits­grad und so wei­ter,
ist es eine inter­es­san­te Regi­on.

Und nicht zuletzt wird sie einen gro­ßen Ener­gie­hun­ger ent­wi­ckeln, weil sie als EU-Kan­di­dat gehan­delt
wird. Län­der, die jetzt EU-Mit­glieds­län­der wer­den wol­len, wer­den alles tun, um in den Regu­la­ri­en
bestehen zu kön­nen. Das heißt, ein Invest­ment in sol­chen Län­dern ist wesent­lich siche­rer, als
man­cher noch annimmt. Das macht die Regi­on zum Geheim­tipp für Inves­to­ren und ver­schafft noch
eine sehr gute Ren­di­te­mög­lich­keit. Die­se wird jedoch ver­schwin­den, sobald Ser­bi­en und Bos­ni­en
Bei­tritts­län­der sind.

Harald Zenke

Harald Zen­ke

Bei­rat

Harald Zen­ke ist Geschäfts­füh­rer der North Chan­nel Bank und ver­fügt über gro­ße Erfah­rung mit kom­ple­xen Finan­zie­rungs­struk­tu­ren (Struc­tu­red Finan­ce, LBO, etc. – bzgl. Fremd­ka­pi­tal, Mez­za­ni­ne und Eigen­ka­pi­tal) und ihren Wech­sel­wir­kun­gen auf die Gesamt­stra­te­gie eines Unter­neh­mens. Vor sei­ner aktu­el­len Posi­ti­on war Herr Zen­ke Spre­cher der Geschäfts­füh­rung der KFW IPEX-Bank GmbH in Frank­furt, dem Export- und Pro­jekt­fi­nan­zie­rungs­arm der KfW-Ban­ken­grup­pe. In den 14 Jah­ren davor beklei­de­te Herr Zen­ke erfolg­reich ver­schie­de­ne, lei­ten­de Funk­tio­nen bei der Lan­des­bank Baden-Würt­tem­berg und ver­ant­wor­te­te unter ande­rem als Exe­cu­ti­ve Vice Pre­si­dent Euro­pe das gesam­te euro­päi­sche Fir­men­kun­den­ge­schäft außer­halb Baden-Würt­tem­bergs wie auch den Bereich Cor­po­ra­te Finan­ce inkl. Syn­di­ca­ti­on, Acqui­si­ti­on Finan­ce und Pro­ject Finan­ce.